„Love hurts“
„Time after time“
Bereits vor einiger Zeit lernte die junge Autorin Lisa in einem Online-Forum, in dem sie erotische Kurzgeschichten aufs virtuelle Papier bringt, die dominant veranlagte Software-Entwicklerin Allison, kurz Ally, kennen. Die beiden Frauen verstanden sich auf Anhieb und ihre gemeinsame Vorliebe für BDSM lieferte einiges an anheizenden Gesprächsstoff. Nach reichlichem digitalem Austausch bahnte sich ein erstes, reales Treffen an und neben einer Freundschaft und ausgiebigen BDSM-Sessions entflammte mehr zwischen Lisa und Ally.
Sie entwickelten tiefergehende Gefühle füreinander und die devote Lisa zog kurz darauf in das Haus ihrer „Herrin“. In den Folgebänden durften wir dann am sozialen Leben des Paares teilhaben und das Umfeld der beiden jungen Frauen kennenlernen. Wir lernten andere Paare, neue Bekanntschaften und Familienmitglieder kennen und lauschten amüsanten Gesprächen, vollgepackt mit Situationskomik, warfen einen Blick in die Vergangenheit der Charaktere und fieberten mit, bei brisanten Geständnissen. Langeweile war in den ersten vier Bänden ein absolutes Fremdwort und man muss kein eingefleischter BDSM-Anhänger sein um die lebensnahe Geschichte um zwei Frauen, die ihre Leidenschaft ausleben, zu mögen.
Der letzte Band endete mit einem heftigen Streit zwischen den liebgewonnenen Protagonistinnen und machte die Wartezeit auf die Fortsetzung fast unerträglich…
„Girl, I’m gonna miss you“
Die Eifersucht hat in Lisas und Allys Leben gnadenlos zugeschlagen und nach einigen unschönen Worten einer erst launigen Partynacht herrscht Funkstille zwischen dem Paar. Beide wissen, dass sie über dem Status einer Freundschaft längst hinaus sind und ihre Gefühle und Gedankengänge fahren Achterbahn. Als Lisa eine neue Spielgefährtin in die autobiographischen Erzählungen ihrer Online-Geschichten einbringt, die dazu noch auf der realen Bekanntschaft Anne basiert, welche zunehmend Gefallen an den Neigungen ihres erdachten Pendants findet, dann… ja, dann dreht sich das Eifersuchts-Karussell auf höchster Stufe, denn Ally und Anne scheinen einen sehr guten Draht zueinander zu haben.
Lisa und Ally gehen sich nach der verhängnisvollen Nacht aus dem Weg und die junge Autorin flüchtet sich in die Obhut ihrer Familie, um ihre aufgemischte Gefühlswelt neu zu sortieren. In ihren Gedanken malt sie sich die wildesten Szenarien aus, die jeder, der schon mal eine Trennung hinter sich hatte (und wer hatte das nicht?) wohl nur zu gut nachvollziehen kann.
Als Leser hat man den glücklichen Vorteil, dass man beide Ladys während ihrer Trennungszeit beobachten kann und drückt permanent die Daumen, dass eine von ihnen endlich über ihren Schatten springt und den ersten Schritt wagt. Dass ausgerechnet Anne, die unfreiwillig in die Beziehung zwischen Lisa und ihrer „Allycat“ hineingegrätscht ist, den Stein des Anstoßes ins Rollen bringt, überrascht nicht nur die niedergeschlagene Ally, denn Lisa sendet in ihrer Online-Story versteckte Botschaften an ihre Verflossene.
„She’s got the Look!“
Der kroatische Autor und Zeichner hält auch beim fünften Band seiner SM-Love Story das hohe Niveau, das bereits im ersten Hardvover extrem weit oben angesetzt war. Seine realistischen und stets ansprechenden Zeichnungen überzeugen nicht nur beim Liebesspiel, sondern auch in den gewöhnlichen Alltagssituationen, die mit grandiosem Mienenspiel in Szene gesetzt sind. Überhaupt trifft der Zeichner immer die richtige Note und hat ein sensationelles Gespür für Timing, was speziell bei der Situationskomik zum Tragen kommt. Seine Charaktere sind liebenswert und man fühlt mit ihnen mit. Man leidet mit ihnen, lacht mit ihnen und wünscht ihnen, mehr als alles andere, ein Happy End. Solche Gefühle muss man dem Leser erstmal präsentieren können und dieses Kunststück schafft Sejic auf bemerkenswerte Art und Weise.
Wenn man bedenkt, dass „Sonnenstein“ zuerst nicht als physische Publikation geplant war und die spielerischen Abenteuer von Ally und Lisa nur als Pin-Up-Gemälde auf der Online-Künstlerplattform DeviantArt zu sehen waren, kann man mehr als froh sein, dass Sejic ein Story-Gerüst um seine sympathischen Charaktere gebastelt hat, das nicht nur als Mittel zum Zweck dient, sondern inhaltlich vollkommen überzeugt und durch Authentizität (und den engen Fummel der Protagonistinnen) glänzt.
Die Zeichnungen sind durch die Bank weg gelungen und gipfeln auf ganzseitigen, erotischen Ausschweifungen in ihren Höhepunkt. Die Darstellungen sind detailliert, gewagt und höchst ansprechend in Szene gesetzt, geraten jedoch nie zur plakativen Peep-Show. Erotische Kunst auf höchstem Niveau und mit grandioser Kolorierung, in der rot die vorherrschende Farbe ist… quasi „Fifty Shades of Red“… allerdings auf einem viel, viel höherem Level.
„Girls just wanna have fun“
Der Panini-Verlag legt auch mit dem fünften (und vermutlich vorletzten) Band der „Sonnenstein“-Saga einen optischen Leckerbissen vor, der sich in allen Belangen sehen lassen kann und dem Inhalt in Nichts nachsteht. Die einheitlich gestalteten Hardcover-Bände lassen Sejics Illustrationen durch ihr Album-Format in voller Pracht erstrahlen und machen einiges her. In Band 5 geht es zwar etwas gediegener zu als bisher, was aber nicht bedeuten soll, dass es hier nicht heiß hergeht. Die erotische Komponente wird nur etwas sparsamer eingesetzt, da der Fokus hier auf Lisas und Allys festgefahrener Beziehung liegt. Dies soll kein Kritikpunkt sein, denn dieser Umstand erweitert die großartige Geschichte um einige interessante Facetten.
Es bleibt zu hoffen, dass Panini auch die Spin-Off-Geschichten, die sich um die, in „Sonnenstein“ eingeführten, Nebencharaktere drehen, zu gegebener Zeit auf den Markt bringen wird. Eine physische Veröffentlichung steht allerdings auch in den USA noch aus und ist bisher nur als Web-Comic zu bewundern. Der erste Ableger trägt den Namen „Mercy“ und dreht sich um Alan und Anne, während im dritten Story-Arc Alans Ex-Freundin Marion und ihr Freund James in den Mittelpunkt rücken. Dieser soll den Namen „Jasper“ tragen. Zum letzten geplanten Ableger im „Sonnenstein“-Universum ist bisher nichts Genaueres bekannt.
Bis vor kurzem arbeitete Stjepan Sejic unter anderem an einer „Aquaman“-Story für den Comic-Giganten DC.
Fazit:
Ich liebe „Sonnenstein“, seine Charaktere und das fantastische Artwork von Stjepan Sejic. Kurz und „schmerz“los: „Sonnenstein“ ist für mich die beste aktuelle Comic-Reihe auf dem Markt.
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