Sex: Die wahre Geschichte
- Klett-Cotta
- Erschienen: März 2019
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Ulrich Clement (Vorwort), Birgit Herden (Übersetzerin)
Sex kann so viel Spaß machen – auch im Sachbuch
Monogamie ist in der menschlichen Natur nicht vorgesehen. Das wissen wir eigentlich alle im Grunde. Denn warum sonst klappt es einfach nicht, sich daran zu halten? Selbst wo Ehebruch und Unzucht schwer bestraft wird, vögeln die Menschen durch die Gegend; in freieren Gesellschaften riskieren honorige Männer ihr Amt und ihr privates Lebensglück für einen Blow Job mit der Praktikantin, bis hinauf zum Präsidenten der USA. Und auch wer nicht richtig fremdgeht: Beim Sex an jemand anders denken, Pornos schauen oder zwar ein Paar sein, aber keinen Sex mehr haben – jeder kennt jemanden, der das kennt.
Abwechslung liegt in der Natur des Menschen
In der Natur des Menschen liegt eben etwas anderes: Abwechslung. Während die landläufige Meinung ist, dass man diese triebhaften Anteile eben überwinden und zähmen müsse, legen die Autoren dieses Buches ganz genau dar, dass Spaß und Abwechslung beim Sex Millionen von Jahren lang evolutionär ein großer Überlebensvorteil für den Menschen war: Sex diente nicht nur der Fortpflanzung, sondern dem kommunikativen Miteinander und dem sozialen Zusammenhalt.
Diese Schlussfolgerung ist der rote Faden, an dem viele einzelnen Aspekte des Themas aufgefädelt sind: Erkenntnisse, Forschungsergebnisse, Gedanken aus der Anthropologie, Paläontologie oder der Menschenaffen-Verhaltensforschung fügen sich zu einem höchst unterhaltsamen Ganzen. Zum Beispiel lässt sich auch der Sündenfall im biblischen Paradies so erklären: Dass der Mensch seine Unschuld verlor, dass Adam und Eva aus dem Garten Eden vertrieben wurden und das mühevolle Leben seinen Anfang nahm -laut Autoren ist das ein Erklärungsversuch der damaligen Menschheit, weshalb die einst vergleichsweise stressfreie Lebensweise der Jäger und Sammler zur Plackerei der Bauern wurde.
Ackerbauern und Viehzüchter erfanden die Monogamie
Ab da ging es übrigens ums Besitzen – und ums Vererben; und wer der Stammhalter ist, war auf einmal wichtig, und wem das Haus gehört und wer es erbt. Und damit kam die Monogamie in – juristische und moralische - Mode. Diese wenige tausend Jahre seit der neolithischen Revolution können aber nicht so viele genetische und körperliche Spuren hinterlassen haben wie die Millionen davor.
Und so passt dann auf einmal eins ins andere. Dass Frauen länger brauchen um auf Touren zu kommen, aber dann auch auf Touren bleiben, während Männer schnell heiß sind – und noch schneller fertig. Das heißt, eigentlich braucht jede Frau mehrere Männer, um voll befriedigt zu werden. Und das hatten die Frauen früher auch, mehrere Männer. Wenn sie in der heißen Phase ihrer Fruchtbarkeit mit möglichst vielen Männern Sex hatten, am liebsten gleichzeitig, sammelten sie so möglichst viele verschiedenen Spermien, von denen das beste dann gewann und die Eizelle befruchten konnte. Weil so niemand wusste, wer der Vater war, kümmerte sich einfach jeder um jedes Kind, und das hielt die kleine Horde gut zusammen. So erklären sich auch die Lustschreie des menschlichen Weibchens: signalisierte das doch anderen Männern im Umkreis, was passiert – und die waren augenblicklich angetörnt und so schnell sie konnten dabei. Und die Lust auf Abwechslung war ebenfalls lebensnotwendig: Weil es in solchen kleinen Gruppen immens wichtig ist, frisches Genmaterial zu bekommen. Also schnappten sich die Weibchen alles an fremden Männern, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Nichts anderes ist der Brauch der Inuit, den es auch bei anderen Ethnien gibt, dass die Frau des Hauses männliche Besucher in ihr Bett holt.
Am Ende steht die Erkenntnis, dass nicht ausschließlich zur Fortpflanzung dienender Sex zur Natur des Menschen gehört, egal in welcher Kombination, wie oft mit wem und wie genau. Was in der heutigen Zeit jeder aus diesen Erkenntnissen macht, bleibt jedem selbst überlassen.
Fazit
Spannende Erkenntnisse, logisch aufgeschrieben und mit humorvollen, sarkastischen Anzüglichkeiten aufgelockert – wunderbar.
Christopher Ryan, Cacilda Jethá, Klett-Cotta
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