Mut zur Verletzlichkeit
- Edition Michael Fischer
- Erschienen: April 2024
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Julia Effertz liefert spannende Einblicke in das Thema Intimität im Bereich Schauspiel und Film und zeigt, wie sich dieses Wissen auf eine erfüllende Sexualität im Privatleben übertragen lässt.
Eine glückliche Beziehung zu führen ist wahrscheinlich das Ziel vieler Paare, doch was genau bedeutet eine erfüllte Beziehung und aus welchen „Bestandteilen“ setzt sich dieser Zustand zusammen? Julia Effertz zeigt in ihrem Buch „Mut zur Verletzlichkeit“ Wege auf, um dieses Ziel zu erreichen, dass für sie vor allem auf Vertrauen beruht, wodurch es möglich wird, sich so zu zeigen, wie man ist, man Verletzlichkeit zulassen kann, sodass echte Nähe und Intimität entstehen. Wie sie zu ihrem Buch kam und wie sich dieses Prinzip auch im Alltag umsetzen lässt, erzählt sie in einer ausführlichen Einleitung und drei großen Abschnitten, die sich jeweils einem anderen Schwerpunkt widmen.
Intimität durch Verbundenheit und Vertrauen
Julia Effertz ist Intimitätskoordinatorin. Wenn man sich darunter erstmal nicht viel vorstellen kann, ist das kein Wunder, denn genau genommen ist die ausgebildete Schauspielerin auch die erste ihrer Profession in Deutschland und übt ihren Beruf, den sie von 2019 bis 2020 in London gelernt hat und 2021 mit einer Prüfung abschloss, auch erst seit 2021 aus. Bevor sie mit dem Hauptteil ihres Buches startet, erklärt sie daher zunächst, wie sie zu ihrer Ausbildung kam, welche Rolle eine Intimitätskoordinatorin am Filmset spielt und was aus ihrer Arbeit auch für private Beziehungen von Bedeutung ist.
Im ersten Teil „Hinterfragen“ geht es zunächst einmal um eine detaillierte Betrachtung, was Intimität genau bedeutet. Dabei geht die Autorin sowohl auf den spirituellen Ursprung ein, zeigt aber auch, wo heutzutage die Schwierigkeit „echter“ Intimität liegt, welche stark unter der Last der Konsumgesellschaft leidet. Denn obwohl Sex und Intimität in vielen Bereichen oft gleich gestellt werden, besteht zwischen den beiden Begriffen ein großer Unterschied, wie sie klarstellt. Denn beides ist getrennt voneinander möglich und muss oft erst wieder miteinander verbunden werden, wenn richtige Erfüllung erreicht werden soll. Julia Effertz erklärt, dass es hierzu zunächst eine innerliche Verbindung braucht, um sich verletzlich zeigen zu können.
Im nächsten Abschnitt „Verstehen“ gibt sie viele Beispiele aus ihrer Arbeit, denn bevor die Konsumenten im Kino oder vor dem Fernseher mit Intimität in Filmen in Berührung kommen, sind es zuvor bereits die Schauspieler am Set, für welche diese Art von Szenen oft auch eine besondere Herausforderung bedeutet. Die Autorin geht in diesem Kapitel zudem darauf ein, welche Bedeutung „Liebe made in Hollywood“ auf unser Verständnis von Liebe, Sex und Intimität hat und welche Chancen aber auch Gefahren an dieser Stelle liegen.
Im dritten Kapitel „Erleben“ gibt es nun einen praktischen Teil. Hier finden sich Input und Anleitungen, in denen Julia Effertz zeigt, wie „echte“ Intimität im Alltag gelingen und angebahnt werden kann. Um erfolgreich starten zu können, muss zunächst die Umgebung vorbereitet werden, bevor zwischen den beiden Partnern grundlegende Regeln abgesprochen werden. In „Verletzlichkeit und Verbundenheit erleben“ sowie in „Liebevolle Berührungen praktizieren“ finden sich verschiedene Übungen, die einem Rezept ähnlich aufgebaut sind. Nach der Überschrift, die kurz wiedergibt, worum es geht, findet sich eine genaue Anleitung mit Zeitangabe und eventuell benötigtem Material oder einzunehmender Position, sodass beim Durchführen keine Fragen offen bleiben sollten. Damit die Übungen auch einen nachhaltigen Effekt haben, gibt es zum Abschluss noch ein „Das Danach“, in der es um das Mitnehmen der Erfahrungen in den Alltag geht. Im kurzen Nachwort geht die Autorin noch darauf ein, wie sich auch der Alltag verändern kann, wenn wir den Mut finden, uns verletzlich zu zeigen.
Ein Bewusstsein für Intimität und Sexualität schaffen
Julia Effertz berichtet in ihrem Buch von ihren Erfahrungen als Intimitätskoordinatorin und zeigt, wie sich diese Erkenntnisse auch auf privaten Beziehungen übertragen lassen und wie diese dort umgesetzt werden können. Dass sie nicht „nur“ Intimitätskoordinatorin sondern auch Schauspielerin ist, merkt man dabei an vielen Stellen, denn vor allem im zweiten Teil gibt sie viele Beispiele aus Filmen, in denen Intimität gelungen dargestellt wurde oder zeigt auch auf, an welchen Stellen Intimität durch zu viel Sex oder andere „Kunstfehler“ verloren gegangen ist. Interessant sind hier vor allem ihre Einblicke hinter die Kulissen, in denen sie beschreibt, welche Tricks beim Dreh intimer Szenen verwendet werden und was hier die besonderen Herausforderungen und Schwierigkeiten für die Schauspieler sind. Hier setzt ihr Job ein, der zu einem großen Teil aus Kommunikation besteht. In Vorgesprächen mit den Schauspielern werden persönliche Grenzen und offene Fragen geklärt, sodass genau definiert ist, was passieren wird, sodass Unsicherheiten genommen werden können und keiner seine Grenze überschreiten muss.
Was das Ganze mit Verletzlichkeit und letztendlich auch mit Scham zu tun hat, erklärt Julia Efffertz jedoch bereits in ihrem ersten Teil:
„Das Gefühl der Scham sitzt bei uns Menschen genau da, wo auch Intimität im Miteinander entsteht. Genau dort wo unser Innerstes sitzt, verborgen, mit Scham belegt, wo das sitzt, was wir nur ungern mitteilen, dort, wo man uns existenziell verletzen kann – dort ist auch der Kern von Intimität beheimatet.“
Dadurch, dass sie die verschiedenen Gefühle und Bedürfnisse genau aufschlüsselt und auf ihre Zusammenhänge eingeht, lässt sich gut nachvollziehen, wie die einzelnen Bestandteile auf dem Weg zu einer erfüllenden Intimität zusammenhängen und wie sich diese schließlich umsetzen lässt, wobei auch ihre Übungen am Ende helfen können.
Insgesamt hilft es jedoch, sich bei der Lektüre des Buches für Filme zu begeistern und sich auch etwas in diesem Bereich auszukennen, da ein sehr großer Teil des Inhalts Bezug auf Filme und bestimmte Szenen oder auf deren Machart nimmt. Das eigentliche Thema kommt hier teilweise etwas kurz, vor allem, da weder im Titel noch Klappentext Hinweise zu finden sind, dass das Thema Film und Schauspiel eine bedeutende Rolle im Buch spielen.
Fazit
Insgesamt liefert „Mut zur Verletzlichkeit“ spannende Einblicke in die Film- und Schauspielwelt unter dem Aspekt Intimität und zeigt, welche Rolle Verletzlichkeit sowohl im professionellen Schauspiel als auch im Privatleben für eine erfüllende Sexualität spielen. Anschauliche Beispiele und praktische Übungen helfen zudem beim Übertragen und Umsetzen ihrer Ansätze in den Alltag, jedoch sollte man schon eine Affinität für Kino und Co haben, da dieses Thema viel Raum in Julia Effertz Werk einnimmt.
Julia Effertz, Edition Michael Fischer
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