Ein überzeugendes Buch, das zeigt, wie der Weg aus der Lustlosigkeit in ein erfüllendes Sexleben gelingen kann, wobei den Ursachen auf die Spur gegangen wird, um die eigenen Lustkiller Schritt für Schritt zu beseitigen.
Vor allem in langen Beziehungen kennt wahrscheinlich jeder Phasen, in denen die Lust bei einem oder beiden Partnern fehlt. Ein Thema, über das die meisten selbst innerhalb der Beziehung oft nur ungern sprechen, was jedoch gleichzeitig dazu führt, dass sich das „Problem“ kaum bessert, manchmal sogar zu einer richtigen Krise entwickelt und beide Partner belastet. Dass es gar nicht so schwer ist, wieder Spaß am Sex zu bekommen und dem Partner mit Lust und Begehren zu begegnen, zeigt Julia Henchen in ihrem neuesten Buch „Kopf aus, Lust an“, in dem sie Schritt für Schritt durch ihr gleichnamiges Programm führt.
Wege aus der Lustlosigkeit
Ob mehrmals oder nur einmal die Woche, alle paar Monate mal oder noch seltener: Wie oft wir Sex haben, hängt von verschiedenen Faktoren ab und hat erstmal nichts zu bedeuten. Erst wenn ein oder beide Partner mit der aktuellen Situation unzufrieden sind oder sogar darunter leiden, lohnt es sich genauer hinzuschauen, was hinter dem Symptom „Lustlosigkeit“ steckt, denn oft liegt hier nur die Spitze des Eisbergs und die Ursachen ragen tief in die eigene Kindheit und Erziehung, die Beziehungskommunikation oder auch die Einstellung zum eigenen Körper oder zum Thema Sexualität allgemein hinein.
Bevor es mit dem eigentlichen „Programm“ richtig losgeht, gibt Julia Henchen zunächst eine Einführung in ihre „Lustfaktor-Methode“, wie sie sie als Paar- und Sexualtherapeutin in ihrer Praxis entwickelt und erprobt hat. Anschließend geht es direkt mit dem ersten Schritt los, in dem es auf die Suche nach sogenannten „Lustkonflikten“ geht. Hier wird näher betrachtet, ob es ein Grundbedürfnis nach Sex gibt oder welche Ursachen Lustlosigkeit haben kann. Auch die Chancen, die sich aus Lustlosigkeit ergeben, kommen hier zur Sprache.
Im nächsten Abschnitt geht es um das Thema Lustmotive. Hier wird erklärt, warum Lust Übungssache ist und welche Rolle Kopf, Körper und unsere Anatomie in diesem Bereich spielen. Im dritten Schritt „Beziehungsdimensionen“ erklärt die Autorin zunächst, warum wir uns überhaupt binden, bevor anschließend betrachtet wird, was Bindung mit Sex zu tun hat. Im vierten und letzten Schritt des Programms geht es an das eigene erotische Potenzial, wobei vor allem die eigenen Sinne zur Sprache kommen, bevor dann die Entfaltung von Lust und das Genießen von Sex im Fokus steht.
Kurz vorm Ende kommen noch drei Klientinnen der Autorin zur Sprache, die über ihre eigenen Erfahrungen berichten, wie sie das Programm erlebt haben und welche Veränderungen sie erfahren durften. Ganz zum Schluss gibt es noch einen Blick zurück, bei dem jeder seine persönliche Entwicklung beim Durchlaufen der vier Schritte reflektiert und überlegt, was er sich perspektivisch vorstellt. Für diejenigen, die weiterhin das Bedürfnis nach mehr Input oder auch Hilfe verspüren, folgen unter „Was brauchst du noch?“ weiterführende Literaturtipps oder Hinweise zu tiefgreifenderen Programmen.
Lustlosigkeit ist mehr als nur keine Lust auf Sex
Wer bisher dachte, keine Lust auf Sex zu haben liegt einfach nur an mangelnder Libido, wird in „Kopf aus Lust an“ eines Besseren belehrt, denn aus wie vielen unterschiedlichen Komponenten sich Lustlosigkeit zusammensetzt, ist wahrscheinlich den wenigsten bewusst. Zum Bedauern vieler Betroffener gibt es keine passende Pille, deren Einschmeißen wieder zu Lust und Spaß am Sex führt, stattdessen ist viel Arbeit an sich und seiner Beziehung gefragt, die persönliche Anstrengung und Mut zur Veränderung erfordern.
Wie Julia Henchen zu Beginn schreibt wird der Ratschlag „Habt einfach mehr Sex“ in den meisten Fällen keinen Erfolg haben, da dieser Weg schon viele Male probiert wurde. Gibt es hingegen den Ratschlag, sich jeden Tag zwei Minuten mit der Lustfaktor-Methode auseinanderzusetzen, wird die Strategie und somit auch die Motivation verändert. Zwei Minuten lassen sich auch ohne vorhandene Lust investieren, man fühlt sich nicht überfordert und bleibt bei der Sache, bis sich bestenfalls erste Erfolge einstellen, die dann für zusätzliche Motivation sorgen.
Hier zeigt sich auch ein großer Pluspunkt des Buches, denn Julia Henchen liefert nicht nur Theorie, stattdessen gibt es zusätzlich viele praktische Übungen oder Reflexionsaufgaben, die bei der Umsetzung der einzelnen Schritte unterstützen und einen quasi beim Durchlaufen des Programmes an die Hand nehmen. Dazu gehören neben Fragen an sich selbst und den Partner auch Diagramme zum Ausfüllen oder praktische Aufgaben, wie der eigene Körper erkundet werden kann.
Damit die wichtigsten Punkte im Gedächtnis bleiben, dem Partner in Kurzform wiedergegeben oder bestimmte Aspekte schnell wiedergefunden werden können, gibt es nach jedem größeren Abschnitt eine praktische Reflexion, in der stichwortartig noch einmal zusammengefasst wird, worum es beim jeweiligen Thema ging.
Auch wenn sich das Buch dem Thema Lustlosigkeit in Beziehungen widmet, steht in erster Linie die Lust von Frauen im Fokus, die auch als Zielgruppe bezeichnet werden können. Ebenso stehen Hetero-Beziehungen im Mittelpunkt, wobei Kommunikation, die eigene sexuelle Biografie oder auch die Einstellung zum eigenen Körper in jeder Art von Beziehung eine Rolle spielen und nicht nur speziell in Hetero-Beziehungen von Bedeutung sind.
Fazit
Ein gelungenes Buch, in dem sich wahrscheinlich jeder an der ein oder anderen Stelle wiedererkennt, egal ob das Thema Lustlosigkeit aktuell gerade Thema ist oder nicht. Das kleinschrittige Programm mit vielen Aufgaben und Übungen zeigt, wie Lustlosigkeit oder auch Probleme in der Beziehung überwunden werden können und endlich wieder Spaß an Sex und Erotik gefunden werden kann!
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