Hautfreundin. Eine sexuelle Biografie
- Luchterhand
- Erschienen: Mai 2019
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Die Lebensgeschichten einer sexuell freien Frau
Die Protagonistin lernen wir in der Mitte ihres Lebens kennen, vielleicht ein bisschen jünger ist sie noch. Sie erzählt in loser Folge von ihren sexuellen Erlebnissen: dem ersten Mal, dann feste Beziehung, das Ende, Sex mit einem alten Bekannten, spontane Dates mit Zufallsbekannten, woran sie mehr und mehr Gefallen findet. Anfangs staunt sie fast selbst noch darüber, wie wunderbar der freie und freundschaftliche Sex mit Fremden funktioniert. Nach und nach merkt sie, dieser Mittelweg zwischen „Sex gleich Liebe“ und dem unpersönlichen, unverbindlichen, nur am Akt interessierten „Sportficken“ ist genau das Richtige, für sie. Die Männer sucht und findet sie ausdrücklich ohne Dating-Apps, sondern in freier Wildbahn und mit der Zeit hat sie ihre eigene Technik und es mehr und mehr im Gefühl, wann und wen es sich lohnt anzusprechen.
Jeder Sexpartner hat sein Kapitel
Die einzelnen Begegnungen mit den verschiedenen Männern sind in Kapitel aufgeteilt, aber nicht chronologisch. Zwischendurch ist die Frau beinahe 60, dann erzählt sie wieder aus jüngeren Tagen. Von ihrem ersten Freund zum Beispiel, der als feste Beziehung nicht taugte, aber ihre Neugier auf Sex auf eine so wunderbare Art befriedigte, die ihr Lust auf mehr machte.
Immer wieder einen Mann als Sexpartner zu haben, heißt auch, man muss sich immer wieder auf jemand anderen einstellen, den Geruch und Geschmack, die Art zu Küssen; man muss immer wieder herausfinden, was dem anderen gefällt, immer wieder vermitteln, was man selber mag. Sex und körperliche Empfindungen in Worte zu fassen und sie dann auch noch auszusprechen, ist nicht einfach. Die Frau im Buch – und die Autorin – entscheidet sich für sehr genaue Beschreibungen von Gerüchen, Sinneseindrücken, Gedanken. Das explizit Sexuelle umschreibt sie auf eine sehr persönliche Art, und wenn es nicht geht verwendet sie die anatomisch korrekten Alltagsworte dafür. Das wirkt durchaus schmutzig, aber nie pornografisch und platt, sondern auf eine spaßvolle, authentische Art sehr, sehr erotisch.
Sex-Episoden werden zur Lebensgeschichte
Nach und nach ergeben diese Erlebnisse ihr ganzes Leben, das sexuelle in erster Linie, sie probiert Tantra und Fesselspiele, hat eine Quickie auf dem Parkplatz, trifft Fremde im Zug, pflegt Langzeitaffären. Und auch ihr restliches Leben schwingt immer mit, scheint reich und ausgefüllt zu sein.
Die Frau, die sich hinter der Hautfreundin verbirgt und die uns ihre Geschichte erzählt, bleibt unbestimmt, wir erfahren kein Alter, keine Körbchengröße und keinen Namen. Dafür erfahren wir viel anderes: dass sie kalte Füße hat, wenn sie nackt bis auf Highheels und mit verbundenen Augen auf die Anweisungen ihres Liebhabers wartet – und deshalb zwischendurch die Füße auf einem Heizkissen wärmt. Sie ist beileibe keine beliebige Identifikationsfigur, sondern immer zu 100 Prozent sie selbst.
Fazit
Es geht um Haut, um nackte Haut, geht unter die Haut und das Buch liest sich wie von einer Freundin erzählt, die passend vor allem über Sex formulieren und gut erzählen kann. Und die viel zu erzählen hat, von all dem freundschaftlichen, freien, spontanen, geplanten, nicht an feste Beziehungen gebundenen Sex, den sie im Laufe ihres Lebens erlebt. Wie auch immer der Titel „Hautfreundin“ genau gemeint ist und was jeder darunter versteht – es passt. Ihr zuzuhören ist eine Erfahrung, erotisch und ein großer Lesegenuss.
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