Djinn - Sammelband 1

Kim Nelson begibt sich auf die Spuren ihrer Großmutter Jade. Die war einst sogenannte Favoritin des letzten osmanischen Sultans. In Istanbul muss sich die selbstbewusste Kim schon bald entscheiden, ob sie sich den strengen Regularien einer fremden Kultur unterwerfen wird, um ihrer Vorfahrin und dem Geheimnis eines besonderen Schatzes näher zu kommen. Sie ahnt dabei nicht, dass die türkische Stadt am Bosporus ihre beiden Leben schon bald stärker miteinander verbinden wird, als sie gedacht hat.

Wer war Jade?

Das verführerische Cover zieht uns direkt hinein in ein exotisches und stimmungsvoll gezeichnetes Abenteuer. Mit wunderbarer Farbpracht erwachen die Schauplätze und Figuren auf den Panels zum Leben. Mit feinem Strich werden Details ausgearbeitet, erhalten Gesichter und Mimik Konturen. Im Vorwort führt Jean Dufaux aus, dass er in Zeichnerin Ana Miralles die perfekte Partnerin für die Umsetzung von „Djinn“ gefunden hat. Sie sorgt nicht nur für jede Menge Abwechslung, sondern auch dafür, dass die gut in die Dramaturgie eingeflochten erotischen Szenen mit viel Feingefühl umgesetzt sind. Nackte Körper werden nicht platt zur Schau gestellt, sondern entfalten ihre Wirkung durch gut gewählte Perspektiven und ein reizvolles Ambiente. Betont explizite Darstellung gibt es nicht. Dabei wird gut ausbalanciert, dass sich Frauen auf der einen Seite unterwerfen müssen, auf der anderen Seite - wie Jade - durch das tiefe Vertrauen, das sie genießen, auch eine Machtposition aufbauen können, die ihnen skrupellose Entscheidungen für eigene Interessen ermöglicht. Zwischen Kultur und Moral, Politik und Religion entsteht ein faszinierendes ambivalentes Spannungsfeld.

30 Glöckchen führen in den Harem

In zwei Handlungssträngen wird von Kim und der Vergangenheit ihrer Großmutter im Jahr 1912 erzählt. Diese beginnen sich mehr und mehr anzunähern, ihre Identitäten vermischen sich und in den verschachtelten Zeitebenen überschlagen sich immer mal wieder die Ereignisse. So gilt es aufmerksam zu bleiben. Denn gerade die damaligen politischen Begebenheiten - die vor den einzelnen Episoden kurz eingeordnet werden - bilden ein bedeutsames Fundament. In dem heraufziehenden Krieg steht für die Türkei vieles auf dem Spiel, Verbündete sind sorgsam zu wählen. Einer von ihnen, Nord Nelson, ist mit seiner Frau angereist. Die aber wird in den Händen von Jade schon bald eigene Entscheidungen treffen.

Kim hingegen muss zunächst durch zahlreiche Männerhände - 30 Glöckchen, die sie trägt, gilt es so abzulegen - wenn sie endlich in den Harem und zu dem Mann gelangen möchte, der das Geheimnis um ihre Großmutter lüften kann. Und sowohl für Kim als auch im Umfeld von Sultan Muratis geht es mitunter derbe zu, denn ein jeder will seine Interessen gewahrt wissen.

Fazit

„Djinn“ präsentiert sich hier in einer großformatigen Neuausgabe und enthält auf über Seiten sämtliche vier Geschichten des sogenannten osmanischen Zyklus, sowie Einblicke in die Entstehungsgeschichte. Vor historischer Kulisse erwacht mit Kim und ihrer Großmutter Jade das geheimnisvolle Vorderasien zum Leben und wir wandeln mit zwei mutigen und selbstbestimmten Frauen auf den Pfaden von Lust und Leid, Macht und Missbrauch, zwischen Traum und Wirklichkeit.